Elisabeth Reiß-Heidenreich ist pensionierte Sonder- und Heilpädagogin und hat bis Ende des Jahres 2017 im Hilfswerk Niederösterreich Kinder mit besonderen Bedürfnissen in der mobilen Frühförderung betreut. Lesen Sie hier über ihren Werdegang, über die Auf und Abs ihres Weges und was sie als besonders wertvoll an ihrer Tätigkeit erachtet.
Elisabeth Reiß-Heidenreich aus Großweikersdorf arbeitete bis zu ihrer Pensionierung Ende 2017 in der mobilen Frühförderung des Hilfswerks Niederösterreich.
„Ich komme aus einer kinderreichen Familie, wir waren sechs Geschwister, vier Brüder und zwei Schwestern. Ich komm aus Zellerndorf bei Retz im Weinviertel, wohne jetzt aber in Großweikersdorf. Damals war es noch so, dass man sich als Kind in der Gruppe bewegt hat. Ich habe sehr früh gemerkt, dass ich sehr an Kindern interessiert bin. Ich bin überhaupt sehr an Menschen interessiert, aber im Besonderen an Kindern. Als ich 11 oder 12 Jahre alt war, wurde ich schon herangezogen, auf kleinere Kinder aufzupassen, also Babysitting zu machen.
Ich habe einfach immer schon gut mit Kindern umgehen können, mir sind die kleineren immer zugerannt, das hat für mich auch gepasst und ich habe schon früh die Idee gehabt: Ich werde Kindergartenpädagogin oder Kinderkrankenschwester. Dadurch, dass wir in einem kleinen Dorf gewohnt haben und das Geld sehr knapp war, ist das nicht sehr einfach gewesen. Ich habe dann meine Schulpflicht abgeschlossen und habe angefangen, in Wien zu arbeiten, bei einem Verlag, der auch eine Zeitung herausgegeben hat. Das war der Kompassverlag – die haben damals den Handelskompass und das Zentralblatt amtlicher Lieferungsanzeiger herausgegeben; das war so ähnlich wie die Wiener Zeitung für Handelsregistereintragungen – das ist schon so lang her, aber ich war dann auch bei verschiedenen anderen Stellen, habe ein bisschen gewechselt, ich war immer auf der Suche.
Aber ich habe gemerkt, dass mir etwas fehlt. Ich war dann Jungscharführerin und war bei der Katholischen Jugend und so weiterhin im Umfeld von Kindern unterwegs. Dann habe ich mir gedacht, eine gute Basis wäre eine Matura. Ich habe dann die Maturaschule Roland in Wien in der Neubaugasse besucht und die Prüfungen abgelegt. Ich gebe zu, ich bin schon sehr ehrgeizig, aber das war eine anstrengende Zeit, weil ich noch nebenher gearbeitet habe. Die Schule war am Abend und die Zeit, die ich zum Lernen hatte, war entweder in der Nacht oder so knapp irgendwo zwischendurch.
Damals habe ich dann auch bei einer Frau gearbeitet, die freiberuflich für das BMI (Anm. Bundesministerium für Inneres) gearbeitet hat und ich habe ihr geholfen beim Erstellen von Fernkursunterlagen und bei der Verbesserung dieser Fernkursunterlagen. Sie hatte damals einen fünfjährigen Sohn und ein ganz junges Kind. Da war ich sowas wie Bürokraft und Haustochter. Als ich bei dieser Frau gearbeitet habe, war ich 21 Jahre alt. Sie kam nach Hause, das Baby war eine Woche alt, ich war schon da, ich war schon angestellt bei ihr, sie hat einen Termin gehabt, hat mir das Kind in die Hand gedrückt und gesagt, sie hat so ein gutes Gefühl, das tut ihr so gut, dass sie das Kind bei mir so aufgehoben weiß. Und mir hat es auch total gut getan damals, weil es so ein entzückendes Baby war. Und diesem Kind selber hat sie dann in den darauffolgenden Jahren versucht zu erklären, was wir zwei sind. Die Tochter hat dann irgendwann gesagt, ich habe ihrer Mama meine halbe Gebärmutter geborgt und sie hat mich Quickie genannt. Sie hieß Lisa Maria. Sie ist mittlerweile erwachsen, ist Ärztin und hat selber eine Tochter. Das war wirklich eine sehr schöne Zeit. Wir haben auch heute noch einen sehr engen Kontakt. Mir stehen die Kinder sehr nahe, zu denen ich fahre.
Ich habe dann die Matura gemacht und mir gedacht, jetzt werde ich Lehrerin. Dann stand in den Zeitungen, es gibt eine Lehrerschwemme. Dann dachte ich mir, jetzt habe ich mühsam die Matura gemacht und dann bekomme ich zum Schluss keine Arbeit. Da gab es noch das dicke Vorlesungsverzeichnis der Uni. Ich habe es aufgeschlagen und geschaut. Ich habe überall dort inskribiert, wo Familie und Kinder stand. Dann bin ich draufgekommen, dass das Pädagogik ist und als zweite Richtung Sonder- und Heilpädagogik. Dann stand dort, man muss 72 Semesterwochenstunden machen. Und ich habe geglaubt, ich muss 72 Stunden in der Woche machen. Das war ja prinzipiell kein Problem für mich. Ich war gewohnt zu arbeiten und habe inskribiert. Ich war sehr beschäftigt, von der Früh bis am Abend. Ich habe damals ein Arbeitsstipendium bekommen, weil ich ja schon gearbeitet hatte. Ich habe das als eine tolle Zeit erlebt, ich war schon auf der Uni – in den heiligen Hallen – und dann war ich mal bei einem Tutor. Und der hat mich gefragt, was ich da tue. Ich habe ihm gesagt, na inskribiert hab ich für 72 Stunden die Woche. Dann sagt er: aber das sollst du doch in 4 Semestern machen. Na gut, dann habe ich ein bisschen gebremst, aber ich habe versucht, das Studium ziemlich rasch durchzuziehen.
Dann begann das, was jetzt so erzählt wird, woran manche so leiden oder scheitern. Es wurden immer nur abgezählte Zahlen an Studenten zugelassen, d.h. wenn man ein Seminar nicht erreicht hat, durfte man in das Folgeseminar nicht rein, dann hat man oft ein Jahr verloren. Mir ging’s dann auch so, ich war über der Zeit, dann wurde das Stipendium gestrichen und ich habe wieder zum Arbeiten angefangen. Da war ich auf der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, die mittlerweile Akademie heißt. Da war ich Sekretärin des Rektors. Da habe ich dann meinen späteren Mann kennen gelernt, wir haben uns ineinander verliebt, haben dann 1991 geheiratet und dann sind die Söhne gekommen. Der eine 1993, der heißt Johannes, der ist mittlerweile 24 Jahre und selber Lehrer, und 1995 der Georg, der ist jetzt 21 und noch ein bisschen am Orientieren, der ist noch nicht ganz angekommen.
Dann habe ich alles ruhen lassen, ich war eine Vollblutmutter. Ich habe es zum einen voll genossen und zum anderen war es total spannend, all das, was ich schon gemacht, erlebt und getan habe, plötzlich mit meinen leiblichen Kindern zu tun und zu machen und zu merken, was das für ein großer Unterschied ist. Grau ist alle Theorie. Der ältere war schon im Kindergarten und dann habe ich den jüngeren hingebracht, da war er 3,5 Jahre alt. Es war also schon eine ziemliche Zeit vergangen und da hing dann plötzlich eine Aufforderung, ein Stellenangebot von diesem FBZ Krems. Sie suchten jemanden für die Frühförderung.
Ich habe mich also dort beworben und wurde damals für den freien Dienstvertrag aufgenommen und habe mit zwei Familien und mit zwei Frühförderkindern gestartet. Das war 1999 und das war sehr passend, weil ich ungefähr zur gleichen Zeit ein anderes Jobangebot bekommen habe. Einen normalen Job bei einem Rechtanwalt in der Kanzlei, ganz normal 25 Stunden, nur das übliche an Urlaub und das schaffte ich damals mit den beiden Kindern noch nicht.
Ich bin dann in das Team dort hineingewachsen und war sehr froh und stolz, weil ich war ja schon über 40. Es war nicht so üblich, dass man da noch Arbeit bekommen hat, das ist ja jetzt ähnlich. Zwei Jahre später wurde ich sogar angestellt, das bin ich jetzt noch immer und gelte jetzt schon ein bisschen als Faktotum. Es gibt einen großen Theoretiker in der modernen Frühförderung, Dr. Pretis, der ist in Graz zu Hause, fährt aber in der ganzen Welt herum und hat auch einen Lehrstuhl in Deutschland. Der hat verschiedene Bücher über Frühförderung herausgegeben. Unter anderem hat er einmal gesagt, dass Frühförderung ein sehr herausfordernder Beruf ist und dass seiner Erfahrung nach die Mitarbeiter nur bis zu 14 Jahren bleiben. Ich bin jetzt über 18 Jahr da. Was es für mich leichtgemacht hat oder mir auch über schwierigere Zeiten geholfen hat, ist mein Humor, und das mag jetzt ein bisschen seltsam klingen: ich glaube einfach, dass ich die Kraft aus meinem Herzen schöpfe.
Ich liebe Kinder, ich liebe eigentlich auch Familie im philosophischen Sinn. Das ist von Familien- und von Sozialarbeiterinnen immer wieder bemerkt und hinterfragt worden. Sie wollten wissen, warum es mit mir, mit so schwierigen Familien, die jugendamtsbetreut sind, keine Abbrüche gibt. Weil das kommt sehr oft vor, dass die beginnen, dann nicht da sind, zugesperrt haben oder einfach absagen. Bei mir hat es eigentlich immer geklappt. Ich habe zuerst nicht immer gewusst warum, aber ich denke, dass hat damit zu tun, wie ich auf die Menschen zugehe. Für mich ist alles in Ordnung, weil es das Leben und das Lebensumfeld dieser Familie ist. Ich kann dort nicht hinkommen und ihnen Dinge überstülpen. Ich kann sie ein bisschen begleiten, dass sie sich vielleicht etwas abschauen und mitnehmen können, was ich sage, was ich vorlebe, wie ich mit den Kindern umgehe. Das kommt Gott-sei-Dank auch immer wieder vor.
Ich denke, dass ich sehr viel mit meiner Grundpersönlichkeit mitbringe, aber ich bin auch immer wieder in Situationen gekommen, wo ein Kind etwas gesagt oder getan hat, oder ein Elternteil, und ich das Gefühl hatte, nicht richtig zu reagieren. Dann habe ich darüber nachgedacht.
Wir hatten damals die Supervisorin Christa Guttmann, eine Sozialarbeiterin und Psychotherapeutin, die damals Direktorin der Lehranstalt für Ehe-, Lebens- und Familienberatung der Erzdiözese Wien in der Ungargasse war. Sie hat mich gefragt, ob ich nicht eine Beraterausbildung machen wolle. Ich habe mich damals beworben. Das war 2003 oder 2004, da hat der Lehrgang gestartet und ich war 2007 fertig. Das war sehr viel Theorie und Methodik, aber auch sehr viel Selbsterfahrung. Wir hatten einmal im Monat Samstag und Sonntag Ausbildung und jedes Jahr eine Woche Selbsterfahrung. Da habe ich auch sehr viel über mich selbst erfahren. Das war so eine besondere Gruppe, wir haben heute noch Kontakt, am 20 Juli hatten wir 10-Jahres-Treffen.
Das war, wie gesagt, die Ausbildung zur Ehe-, Lebens- und Familienberatung der Erzdiözese Wien. Ich habe da auch ein Diplom und das hat mich wirklich sehr unterstützt in meinem Tun. Ich habe Sicherheit gewonnen und ich habe ein gutes Gespür dafür bekommen, wann kann ich was wie ansprechen. Ich habe auch über die Jahre noch verschiedene Ausbildungen gemacht, z.B. bei der Landesakademie, einen Lehrgang Psychotherapie und Pädagogik. Im St. Virgil Bildungshaus, da habe ich Krisenbegleitung für Baby, Kleinkinder und Familie gemacht, zwei Jahre lang.
Ich filme auch selber mit einer Filmkamera. Die habe ich in der Hand, ich bin ja nicht direkt dabei. Es geht dann um die Interaktion Mutter/Kind. Es geht darum, wo die Augen des Kindes hingerichtet sind. Das ist ja schon ein Zeichen, wenn das Kind immer wieder woanders hinschaut und Kontakt mit jemanden anderen sucht. Das sagt ja schon etwas über den Kontakt zwischen Mutter und Kind aus. Ich versuche immer weit weg zu sein. Ich habe mich auch schon mal in einen Nebenraum versteckt, das sind ja ganz junge Kinder. Sobald Kinder gehen können, laufen sie davon oder suchen die Person, die gerade noch da war. Bei ganz jungen Kindern sollte es im Idealfall im 1. Lebensjahr sein, weil dort die Bindung geschieht.
Man ist auch gerade dabei, für die Beratung der Eltern, wo die Kinder schon ein bisschen älter sind, Konzepte zu erstellen, weil diese Bindungsgeschichte eigentlich bis zum zweiten Lebensjahr abgeschlossen ist. Das Bildungsverhalten und das Bildungsmuster sind geprägt, man ist sicher gebunden oder unsicher gebunden. Und das ist sehr speziell. Da gibt es diese Fremdelsituation, wo die Mutter mit Kind in den Versuchsraum kommt und dann kommt eine fremde Person in den Versuchsraum und dann geht ohne Vorbereitung die eigene Mutter raus. Wie reagiert das Kind? Wenn die Mutter wieder reinkommt, sieht man das Bindungsverhalten und das Bindungsmuster. Sicher gebundene Kinder bedauern, dass die Mama weggeht, aber nur kurz, lassen sich von der fremden Person trösten, weil sie wissen, die Mama ist verlässlich. Wenn die Mutter wieder reinkommt, gehen die Kinder auf die Mutter zu oder begrüßen sie mit einem Lächeln und lassen sie mitspielen und das ist in Ordnung.
Klar hängt man am Papa und an der Mama, wenn aber die Sicherheit da ist, hält das Kind diesen Abschied aus. Weil da drinnen ist es ja auch spannend und lustig und der Papa kommt ja wieder. Man könnte das Kind fragen, ob er gerne ein Foto von Papa oder Mama mitnehmen möchte oder irgendwas, was ihn an den Papa oder an die Mama erinnert. Das soll es in der Tasche drin lassen und wenn er sich dann die Jause holt, kann er sich das dann anschauen.
Ich habe auch einen Workshop mitgemacht über Begleitung von trauernden Kindern, weil ich auch die Beratung bei einvernehmlichen Scheidungen mache und die Paragraph 107 Beratung bei strittiger Scheidung oder Trennung, wo es schwierig ist mit Kontaktrecht und der Obsorge. Meine Ausbildungen wurden immer fokussierter, es war immer mehr in Richtung Familie und Kinder. Mir war es immer wichtig, Freude und Frohsinn in die Familien zu bringen. Im Speziellen, wenn es ein Kind ist, wo möglicherweise eine medizinische Diagnose steht. Aber man kann die Eltern begleiten, mit dem gut zurechtzukommen oder sich von einer idealen Idee zu verabschieden und das Kind so zu sehen, wie es ist. Die Kinder machen ja auch eine Entwicklung durch, die sind liebenswert, die wollen Aufmerksamkeit, die wollen Zuneigung. Es ist halt manches nur etwas schwieriger.
Am Anfang war die Abgrenzung bei solchen Fällen schwierig. Ich wollte alle adoptieren, ich war oft in einem Kinderheim, also da ging ich schon immer mit einem blutenden Herzen raus. Aber es ist wichtig, dass man sich abgrenzt. Man muss immer auch die Realität sehen: was geht und was geht eben nicht. Was kann heilsam sein, was kann förderlich sein. Man muss auch seine eigenen Stärken und Fähigkeiten erkennen. Ich glaube wirklich – und Kollegen und Vorgesetzte haben mir das oft bestätigt - ich tue das gut, was ich tue. Ich bekomme so viel zurück. Viele Eltern können das auch sehen und auch aussprechen und manchen fällt es ganz einfach schwer, weil sie doch noch in dieser Trauerarbeit drin sind. Die Situation, wie sie ist, anzunehmen, ist ganz schwierig. Zu wissen, das Kind hat eine spezielle Krankheit, das Kind hat möglicherweise die Diagnose für eine Behinderung, das ist schon eine schwierige Zeit, selbst wenn man sich dann damit arrangiert hat. Das bricht ja wieder auf, wenn das Kind in den Kindergarten geht, weil dann hat man wieder diesen starken Vergleich mit anderen Kindern. Oder wenn das Kind in die Schule kommt bis hin zur Berufsausbildung – du hast immer den Vergleich.
Ich werde oft gefragt, wenn das Kind ein halbes Jahr ist oder acht Monate, was wird denn mal aus ihm, kann er mal studieren oder so. Antworten fallen mir dann immer schwer, weil ich gerne beruhigen würde, aber das kann ich nicht immer. Ärzte halten sich besonders bedeckt, Prognosen sind sehr schwierig. Es stellt sich wirklich auch manchmal etwas anderes heraus, was die Eltern auch sehr bestärkt. Ich habe z. B. bei einer Familie angefangen, da hat das Kind ein eher seltenes Syndrom gehabt. Der Vater wollte alles ganz genau wissen. Für ihn war es wichtig, Klarheit zu haben. Ich habe sein Trauma gesehen und erkannt. Es geht immer wieder um die Schuldfrage. Man hinterfragt seitens der Eltern ob man etwas falsch gemacht hätte, weil es das doch nie in der Familie gab. Aber oft ist es einfach eine Laune der Natur.
Wenn mein Kopf ganz voll ist, dann höre ich gerne gute Musik, z. B. Frank Sinatra oder einfach instrumentale Musik, aber eher die sanfte Art. Ich habe mir die Gruppe Rat Pack in Wien in der Stadthalle angeschaut. Das ist sehr sanfte Musik, sehr einschmeichelnde Töne. Und dann, ich bin ja ein sehr humorvoller Mensch, schau ich mir die Natur an und dann überlege ich, was ich selber habe und dann bin ich glücklich und demütig. Ich gehe ein bisschen spazieren, ich fahre ja auch sehr viel mit dem Auto, alleine diese Autofahrten tun mir gut.
Die Kinder, die ich betreue, sind von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Diese Kinder haben nicht notgedrungen eine Behinderung. Es gibt sehr oft Erziehungsschwierigkeiten oder einfach Fragen der Eltern. Das Hilfswerk hat hier ein Konzept erstellt und bietet nun die Mobile Erziehungsberatung an. Entweder die Eltern gehen zur Sozialarbeiterin und holen sich Ratschläge und Hilfe oder die Sozialarbeiterin kennt die Familie schon und schlägt bereits Maßnahmen vor. Das sind 15 Einheiten bei der Familie, es gibt vorher zwei Gespräche und danach einen ausführlichen Abschlussbericht und ein Abschlussgespräch.
Privat geht es mir gut. Ich komme ja, wie gesagt, aus einer kinderreichen Familie, ich bin also kein Luxusleben gewohnt. Wir haben ein Haus, das eigentlich schuldenfrei ist, wir haben zwei gesunde Kinder, wir können uns viele Dinge leisten. Es ist nicht so, dass ich das Geld mit den Händen zum Fenster rauswerfen kann, aber ich muss nicht nachdenken, ob ich mir jetzt ein paar Schuhe kaufe oder ein besseres Fleisch. Wenn wir einmal Essen gehen, dann ist das für mich Luxus. Wir haben es auch immer unseren damals noch kleinen Kindern gesagt, als sie dies und das wollten, dass wir nicht so viel Geld haben und sie meinten, aber du musst ja nur zu diesem Kastl gehen und da kommt Geld heraus. Dann habe ich ihnen erklärt, dass ich nur Geld rausholen kann, wenn ich vorher etwas hineingelegt habe.
Meinen Mann habe ich bei einem Tanzkurs kennen gelernt, den ich damals veranstaltet hatte, ein Standardkurs. Das war die Gruppierung Niederösterreicher in Wien und die haben immer einen fixen Abend in der Woche gehabt, an dem sie Volkstanz gemacht haben. Die damalige Tanzleiterin ist schwanger geworden und sie haben jemanden gesucht, der das weitermacht. Da ich schon einen Tanzkurs besucht hatte, haben sie mich gefragt. So kam ich in diese Gruppe. Ich tanze gerne, ich habe gemeinsam mit meinem Mann die Goldstarausbildung gemacht und standardisierten Rock `n Roll. Wir gehen immer wieder in Tanzkurse und auch auf Bälle. In Tanzkurse deshalb, weil sie dort ausschließlich Tanzmusik spielen. Auf einem Ball spielen sie oft die Charts auf und ab. Ich mag z. B. „New York, New York“ sehr gerne aber dazu kann man nicht tanzen, dazu kann man nur stehen. Ich mag auch „I did it my way“, aber dazu kann man auch nicht tanzen.
Als wir das Haus gebaut haben, hat mein Mann immer die Pläne gemacht und mich dann dazu gefragt. Ich habe immer geschaut und lange überlegt. Da hat er dann gesagt: denkst du nach oder schläft du? Das war damals halt eine stressige Zeit und ich habe mir gedacht, das ist ja nur jetzt so, ich kenne ihn ja, wie er ist. Und das ist auch etwas, was in meine Arbeit als Ehe-, Lebens- und Familienberaterin einfließt. Ich habe Paare bei mir sitzen, die meinen, er oder sie ist nicht mehr so wie am Anfang. Und das oder das geht mir auf die Nerven. Dann versuch ich durch Fragen, sie in die Vergangenheit zu begleiten: Was gab es damals, was so fasziniert hat und manchmal gelingt die Kurve und manchmal auch nicht. Dann ist es einfach schon zu spät.
Ich schöpfe aus meinen persönlichen Lebenserfahrungen. Ich singe gerne, mein Mann und ich sind gemeinsam in einem Gesangsverein. Wir haben früher zu zweit gesungen und dann hat er halt drüber gesungen, er ist ein Tenor. Unser Gesangsverein veranstaltet alle zwei Jahre ein Kabarett und da spiele ich leidenschaftlich gerne mit. Ich übernehme oft die blöden Rollen, weil ich auch über mich lachen kann. Einer meiner Berufswünsche als Kind war, Musicalstar zu werden. Ich wollte gern zum Theater und singen. Aber das ist dann gescheitert, weil es finanziell nicht möglich gewesen wäre.
Ich gehe heuer Ende des Jahres in Pension, ich werde im Oktober 60. Ich werde aber weiterhin arbeiten, ich habe einen Gewerbeschein als Lebens- und Sozialberaterin und ich bin bei zwei Beratungsstellen in der Erzdiözese Wien, in Hollabrunn und in Purkersdorf. Ich habe eine auch eine Reiki-Ausbildung, erster und zweiter Grad. Ich war über die Jahre immer auf der Suche nach etwas Neuem. Zuerst habe ich die Uni angeschlossen, dann das Beraterdiplom gemacht. Da musste man sich online und in Papierform bewerben. Es hat eine Kommission gegeben, das war ein Team aus dem Familienministerium und dem Justizministerium. Die hatten ganz genaue Vorgaben, das waren sehr anspruchsvoll. Es haben sich viele deshalb nicht beworben, weil sie schon die Einstiegshürde nicht geschafft hatten. Am 7. April war die Zertifikatsverleihung, da waren wir etwas über 200 Personen. Es war eine sehr feierliche Zeremonie. Dieses Zertifikat ist in Goldschrift mit Staatswappen. Da habe ich mir gesagt: ,So, das ist jetzt mein Oskar für mein Lebenswerk.´ Jetzt ist diese Seite gestillt von mir. Mein Mann hat auch gesagt, ich soll nun mit den Ausbildungen aufhören, er hat keinen Platz mehr an der Wand.
Ich danke dem Hilfswerk als Arbeitgeber, dass er mir die Möglichkeiten des Ausübens aller meiner Fähigkeiten und Kompetenzen gibt. Und ich danke den vielen Menschen, denen ich begegnet bin, die mir Vertrauen entgegengebracht haben. Die mit mir gearbeitet haben, die sich mir gegenüber geöffnet haben. Und ich bedanke mich auch bei meinem Mann, weil die Kinder noch klein waren, als ich die Beraterausbildung gemacht habe und er hier viel übernommen hat. Da war eine Ausbildung genau am Muttertags Wochenende, das war hart. Ich habe ihnen gesagt, dass ich wegfahre und wenn sie was haben, sollen sie es mir am Samstag geben. Aber das haben sie nicht verstanden. Dann bin ich in der Tür gestanden und alle zwei haben geweint. Sie hatten ja Geschenke für mich. Am Nachmittag war ich wieder da und da haben wir dann alles nachgeholt.“
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