„Dass die 24-Stunden-Betreuung in Österreich bei politischen Parteien und Sozialpartnern jüngst zum allseits beliebten Reibebaum geworden ist, zeigt den Wandel vom einstigen Schmuddelkind der Branche zu einem wichtigen Betreuungsangebot für ältere Menschen in Österreich“, meint Othmar Karas, Präsident des Hilfswerks Österreich. „Ein Jahrzehnt nach der Legalisierung und gesetzlichen Regelung der 24-Stunden-Betreuung im Jahr 2007 manifestiert sich in der aktuellen Diskussion die Notwendigkeit von weiteren Entwicklungsschritten.“, so Karas weiter.
Was im Bereich der 24-Stundenbetreuung tatsächlich passieren muss
Das Hilfswerk als einer der führenden Qualitätsanbieter im Bereich der Pflege und Betreuung in Österreich, darunter auch in der 24-Stunden-Betreuung, unterstützt alle Bestrebungen, welche die Versorgungssicherheit und die Qualität im Sektor fördern. Das gemeinsam von Hilfswerk, Volkshilfe und Caritas vor zwei Jahren erfolgreich initiierte Qualitätslabel „24-Stunden-Betreuung – sicher.kompetent.fair“ unterstreicht dieses Engagement zum Wohle der Kundinnen und Kunden und zielt ebenso auf Fairness gegenüber den Betreuungskräften ab. „Wir fordern Konsequenz in der Diskussion ein. Wer nachvollziehbare und adäquate Qualitätsstandards sowie eine nachhaltig faire Entlohnung in der 24-Stunden-Betreuung möchte, der kommt künftig wohl kaum um eine Anpassung der Förderungen für die Kundinnen und Kunden herum. Sonst fällt die Betreuung irgendwann wieder in den Schwarzmarkt zurück – das kann keiner wollen“, ist Karas überzeugt. „Und wie auch immer man zur Kürzung der Familienbeihilfe für Ausländer stehen mag, eines ist klar: Die Familienbeihilfe kann nicht regulär als Lohnbestandteil herangezogen werden – dies alleine schon deshalb nicht, weil nur ein Teil der Betreuungskräfte Kinder im entsprechenden Alter hat und Familienbeihilfe bezieht.“, erläutert Karas. Karas weist auch dezidiert „wenig reflektierte“ Vorschläge zur Organisation der 24-Stunden-Betreuung zurück, die beispielsweise bedarfsorientierten Qualitätswettbewerb ausschalten würden, wie etwa die jüngst von Norbert Hofer propagierte Idee einer bundesweiten Genossenschaft.
Etwa fünf Prozent der Pflegebedürftigen nutzen 24-Stunden-Betreuung
Inwieweit die aktuelle politische und mediale Schwerpunktsetzung den tatsächlichen Problemstellungen des Betreuungs- und Pflegebereiches gerecht wird, sei dahingestellt. In der Öffentlichkeit sorgt sie jedenfalls für eine verzerrte Wahrnehmung. Mit gut fünf Prozent Marktanteil ist die 24-Stunden-Betreuung in Österreich ein unverzichtbares, aber auch sehr spezifisches Angebot. Die kostenintensive stationäre Pflege im Heim nimmt rund fünfzehn Prozent der Pflegebedürftigen auf. Der größte Teil der Pflegebedürftigen, rund achtzig Prozent, werden zu Hause von Angehörigen alleine oder mit Unterstützung mobiler Dienste wie Hauskrankenpflege und Heimhilfe versorgt. Über fünfundzwanzig Prozent aller Pflegebedürftigen nehmen regelmäßig mobile Dienste in Anspruch. Damit decken mobile Dienste den größten Teil des professionellen Pflege- und Betreuungsbedarfs. „Wer tatsächlich Entwicklungen im Bereich der Betreuung und Pflege vorantreiben möchte, muss in erster Linie über Verbesserungen für pflegende Angehörige nachdenken und das System der mobilen Dienste weiterentwickeln und ausbauen.“, meint Karas. „Wir fordern eine ernsthafte politische Diskussion zur Zukunft der Betreuung und Pflege anstelle fadenscheiniger Kampagnen. Angesichts des demografischen Wandels, der offenen Fragen in der Finanzierung – insbesondere nach Auslaufen der aktuellen Pflegefondsgesetzes – und des eklatanten Fachkräftemangels sollten wir eher heute als morgen ins Handeln kommen“, fordert Karas abschließend.