Schätzungsweise jede/r Neunte ist in Österreich von Inkontinenz betroffen. Genaue Zahlen fehlen, denn Inkontinenz ist ein großes Tabuthema. Viele Betroffene wissen deshalb nicht, dass Inkontinenz behandelbar ist, oder verzichten aus Scham auf Therapie und Beratung. Hier können Pflegefachkräfte einen entscheidenden Beitrag leisten. Um sie in ihrer Arbeit zu unterstützen, wurde die diesjährige Pflegefachtagung des Hilfswerks dem Thema Inkontinenz gewidmet.
Salzburg, 05. Juli 2021.
Inkontinenz kostet zwar nicht das Leben, aber sie kostet Lebensqualität. Durch Beratung, Behandlung und Unterstützung versuchen Pflegefachkräfte tagtäglich die Lebensqualität betroffener Kund/innen zu verbessern. Das notwendige Hintergrundwissen wurde bei der Pflegefachtagung des Hilfswerks Salzburg Ende vergangener Woche vermittelt. Über 70 Mitarbeiter/innen aus dem gesamten Bundesland nahmen an der Veranstaltung teil, um ein tieferes Verständnis zu der Thematik "Inkontinenz" zu bekommen. Mehrere Referenten stellten dafür ihr Fachwissen zur Verfügung.
Enttabuisierung, Beratung und Vorsorge
Dr. Sophina Bauer, Oberärztin (Fachärztin) für Urologie im Uniklinikum Salzburg, gab zunächst einen Einblick in den klassisch medizinischen Bereich von Blasenfunktionsstörungen, die verschiedenen Arten und Ursachen sowie mögliche Behandlungsarten. "Inkontinenz führt zu einer enormen Einschränkung der Lebensqualität. Die Ursachen sind vielfältig, oft sprechen die Betroffenen aus Scham lange Zeit nicht über ihre Probleme und suchen erst spät Hilfe. Pflegepersonal arbeitet an vorderster Front und kann hier schnelle Hilfe anbieten", so Bauer.
Gisele Schön, Kontinenz- und Stomaberaterin der Medizinischen Kontinenzgesellschaft Österreich (MKÖ) und Sabine Maunz, fachliche Leitung Pflege und Betreuung des Hilfswerks Österreich, bestätigten dieses Bild: "Von Inkontinenz betroffene Personen schämen sich. Daraus resultiert jedoch eine Problemkette, durch welche die Betroffenen in soziale Isolation und erhöhte Krankheitsanfälligkeit verfallen können. Durch konkretes Wissen über das Schamgefühl können Pflege- und Betreuungskräfte einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, den negativen Folgen der Scham entgegenzuwirken. Um das notwendige Wissen nachhaltig zu sichern, werden im Rahmen des Fachschwerpunkts des Hilfswerks Inkontinzenberater/innen für die einzelnen Pflegeteams ausgebildet."
Kontinenz-Beratung als Pflegedienstleistung
"Gegen Inkontinenz kann man nichts tun", oder: "Eine schwache Blase ist eine normale Alterserscheinung." Solche und andere Mythen ranken sich hartnäckig um das Thema Inkontinenz. Viele der Betroffenen leiden daher im Stillen: Knapp 70 Prozent waren wegen Harninkontinenz noch nie in ärztlicher Behandlung (Studie Blasengesundheit 2015). Dabei könnten die richtige Beratung, Behandlung und Unterstützung die Lebensqualität Betroffener deutlich verbessern. "Angesichts der vielen Betroffenen sind kompetente Anlaufstellen für Menschen mit Inkontinenz zu dünn gesät", so Stefan Tautz, Pflegedirektor des Hilfswerks Salzburg. "Daher befähigen wir unsere Fachkräfte, diese Aufgabe zu übernehmen und Inkontinenz-Patientinnen und -Patienten bestmöglich zu beraten und zu unterstützen."
RÜCKFRAGEN:
Hilfswerk Salzburg | Mag. Angelika Spraider M.A. | Unternehmenssprecherin
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