Molekularbiologe und Science Buster Martin Moder hat sich neben seiner wissenschaftlichen Arbeit dem Kampf gegen Wissenschaftsskepsis und für kritisches Denken verschrieben. Anlässlich der Pressekonferenz des Hilfswerks, einem der größten privaten gemeinnützigen Träger im Bereich der Kinderbetreuung und Jugendarbeit, plädierte Moder für eine adäquate Vermittlung naturwissenschaftlicher Inhalte und zeigte mit viel Humor vor, wie es geht. Der Science Buster erklärte dazu: „Wer heute glaubt, Wissenschaft sei fad und doof, glaubt morgen, die Erde sei flach.“
„Grundsätzlich sieht es gar nicht schlecht aus mit dem Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher in die Wissenschaft“, meint Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerk Österreich. Laut Wissenschaftsbarometer der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, das Ende 2024 publiziert wurde, liegt das Vertrauen der Bevölkerung in die Wissenschaft stabil bei 73%. Rund 80% der Menschen sind hierzulande überzeugt, dass Wissenschaft das Leben verbessert. Gleichzeitig fühlen sich viele zu wenig informiert und vom rasanten Fortschritt überfordert. So findet fast die Hälfte der Befragten, dass die Wissenschaft unser Leben zu schnell verändert.
„Was uns auch Sorgen machen muss, ist, dass wir es in Österreich nicht schaffen, die natürliche Neugier und ausgeprägte Leidenschaft von Kindern für naturwissenschaftliche und technische Themen so zu fördern, dass die Freude daran erhalten bleibt. Die Folge ist, dass zu wenige Menschen Berufe im zukunftsweisenden MINT-Sektor ergreifen. Zwei Drittel der Berufe auf den österreichischen Mangelberufslisten sind MINT-Berufe. Da läuft wirklich einiges schief“, so Anselm.
Wir treiben den Kindern den Spaß am Lernen aus!
Gerade MINT-Themen, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, erscheinen vielen Menschen unverständlich und alltagsfern. Schlimmer noch: Sie lösen oft sogar Abneigung aus, was teils aus negativen Erfahrungen aus der Schulzeit resultiert. Umso schwerer fällt es Eltern, aber auch Pädagoginnen und Pädagogen, ausgerechnet in ihren einstigen „Angstfächern“ Kindern Begeisterung zu vermitteln. Die fatalen Folgen: Im Zuge der Bildungslaufbahn erlöschen die natürliche Neugier und das Interesse der Kinder für naturwissenschaftliche und technische Zusammenhänge.
„Spiel und Spaß sind Grundvoraussetzungen für kindliches Lernen. Die Bildungsforschung belegt, dass nachhaltige MINT-Kompetenzen nur durch Methoden gefördert werden, die Neugier hervorrufen und zu selbstständigem Entdecken anregen. Aktuell treiben wir Kindern den Spaß am Lernen im Allgemeinen und an MINT im Speziellen aus“, warnt Isabella Ecker, Leiterin des Fachreferats für Kinder, Jugend, Familie und Psychosoziale Dienste beim Hilfswerk Österreich.
Um diese negative Entwicklung aufzuhalten, muss MINT schon im Kindergartenalter spielerisch vermittelt werden. Dafür braucht es didaktische Unterstützung und vor allem Zeit, um die Kleinsten auf ihren ersten Schritten in die Welt der Wissenschaft gut begleiten zu können. Personalmangel und damit auch zu wenig Zeit, auf die Kinder einzugehen, machen das derzeit jedoch fast unmöglich. „Wenn man bis zu 25 Kinder pro Gruppe betreut, ist Zeit Mangelware“, schildert Ecker aus der Praxis.
Was gegen Personal- und Zeitmangel getan werden kann
„Der Mangel an Pädagoginnen und Pädagogen führt zu Qualitätsproblemen in den Bildungseinrichtungen. Die Förderung von Interessen und Talenten bleibt dabei auf der Strecke, erst recht im Bereich MINT“, warnt Othmar Karas, Präsident des Hilfswerk Österreich. „Wollen wir die Chancen unserer Kinder schon im Kindergarten entsprechend verbessern, brauchen wir in Österreich bis 2030 42.900 Elementarpädagoginnen und -pädagogen“, führt der Hilfswerk-Präsident aus und verweist auf Prognosen des Österreichischen Instituts für Bildungsforschung und der Universität Klagenfurt (Bildungs- und Berufsverläufe von Absolvent/inn/en der Bildungsanstalten und Kollegs für Elementarpädagogik, 2022). Folgt man den Erkenntnissen der Untersuchung, werden 20.200 Fachkräfte fehlen. „Hinzu kommt, dass der bereits derzeit herrschende Personalmangel zu hoher Arbeitsbelastung führt, sodass wir zu viele Kolleginnen und Kollegen wieder verlieren“, ergänzt Karas.
„Wir brauchen nicht nur eine umfassende Ausbildungsoffensive, deren Ergebnisse natürlich Zeit brauchen, sondern wir müssen auch naheliegende Lösungen nutzen, um möglichst zeitnah wertvolle personelle Ressourcen zu gewinnen“, fordert Karas. Er regt dringend eine Aufwertung der Assistenzkräfte im elementarpädagogischen Bereich an: „Für Assistentinnen und Assistenten gibt es derzeit kein österreichweit einheitliches Berufsbild. Die Ausbildungen sind höchst unterschiedlich, ebenso wie die Tätigkeiten“, erläutert der Hilfswerk-Präsident. In etlichen Bundesländern seien Assistenzkräfte mit einer Fülle von hauswirtschaftlichen Tätigkeiten beschäftigt. „Das raubt uns wertvolle Zeit in der Arbeit mit den Kindern“, kritisiert Karas. Assistenzkräfte könnten Pädagoginnen und Pädagogen erheblich besser entlasten, hätten sie mehr Zeit für die Kinder. „Aber auch die Pädagoginnen und Pädagogen selbst brauchen mehr Zeit für die Kinder“, meint Karas. Er fordert den Abbau überbordender Bürokratie in elementarpädagogischen Einrichtungen.
MINT-Initiative des Hilfswerks unterstützt Eltern und Erziehende
Um die Pädagoginnen und Pädagogen sowie Eltern zu unterstützen, Kinder bestmöglich bei ihren ersten Schritten in die MINT-Welt zu begleiten, hat das Hilfswerk 2024/25 eine MINT-Initiative gestartet. Es wurde ein Fortbildungsprogramm und eine Online-Plattform für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit pädagogischen Materialien zum Thema MINT und Nachhaltigkeit erarbeitet. Eine Broschüre, basierend auf Kinderfragen, mit Tipps zu MINT und Nachhaltigkeit, soll Eltern und Erziehenden Anregungen geben, wie sie sich mit den Kindern auf die spannende Suche nach Antworten begeben können. Die Inhalte der Broschüre und vieles mehr finden sich auch unter www.hilfswerk.at. Zudem wird es 2025 eine Roadshow quer durch Österreich sowie eine Social-Media-Kampagne geben.
Bei seiner Jahresinitiative 2024/25 setzt das Hilfswerk auf starke Partner wie Erste Bank und Sparkassen sowie Wiener Städtische Versicherung. Bei seinen Aktivitäten zum aktuellen Fachschwerpunkt wird das Hilfswerk unterstützt von: Verbund, ÖBB, Hallo Klima!, Österreichische Bundesforste, EVN, Lenzing, die Umweltberatung, architectphilipp, IMC Krems.
Über das Hilfswerk
Das Hilfswerk ist einer der erfahrensten und bewährtesten gemeinnützigen Träger von Kinderbetreuung in Österreich. Seine rund 2.500 Mitarbeiter/innen in den Bereichen Kinderbetreuung, Lernhilfe und Jugendarbeit betreuen, begleiten und fördern österreichweit rund 20.000 Kinder und Jugendliche bei Tageseltern, in Kinderkrippen, Krabbelstuben und Kleinkindgruppen, in Kindergärten und Kindergruppen, in Horten sowie der Tages- oder Nachmittagsbetreuungen an Schulen, in der offenen Jugendarbeit
*MINT = Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik
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Hilfswerk Österreich
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