Digital Detox - bewusst offline

Montag, 5:45 Uhr, der Handywecker klingelt und erinnert in den folgenden 20 Minuten mehrmals daran, dass der Tag bereits begonnen hat, eine neue Woche vor der Tür steht und man langsam in die Gänge kommen sollte. In den ersten wachen Sekunden des Morgens schärft die am Nachttisch liegende Brille den müden Blick und der Wecker wird endgültig abgedreht. Noch gar nicht richtig wach, scrollt man müde durch den Instagram Feed. Zwischen Essensfotos, Fitnessstudio-Selfies, Werbung und Reisefotos verrinnt die Zeit und man stellt fest, dass man schon 20 Minuten am Handy verbracht hat.

Während dem Zähneputzen werden bereits E-Mails gecheckt, auf dem Weg in die Arbeit hört man die aktuelle Folge des Lieblings-Podcasts und an der roten Ampel vergewissert man sich noch schnell, ob sich in den letzten 20 Minuten irgendetwas bahnbrechendes bei den digitalen Kontakten auf Instagram, TikTok & Co getan hat. Dieses Phänomen nennt sich unter anderem „fear of missing out (abgekürzt fomo)“, also die Angst etwas zu verpassen.

In jeder erdenklichen Lebenssituation werden im Alltag Smartphones genutzt. Durchschnittlich besitzen über 90% der Österreicher/-innen ab 15 Jahren ein Smartphone und verbringen über 3 Stunden am Tag vor dem Bildschirm. Die ständige Erreichbarkeit, sich häufenden Push-Benachrichtigungen und der, oft auch unbewusste, regelmäßige Smartphone-Konsum haben dabei durchaus ihre Kehrseiten. Diese teilweise schon suchtartigen Angewohnheiten wirken sich auf unsere Psyche, unseren Körper und unsere sozialen Kontakte aus. Grund genug, sich um eine Entschleunigung Gedanken zu machen. Digital Detox könnte hier die Lösung sein.

Aktuell zählt eine Smartphone-Sucht noch nicht als anerkannte Krankheit. Generell sei aber gesagt, dass Smartphones durchaus suchtähnliches Verhalten hervorrufen können. Bei der Nutzung wird die Produktion des Glückshormons „Dopamin“ angekurbelt. Das hat zur Folge, dass man öfter zu seinem Handy greift, um eben dieses Glück zu verspüren.

Um suchtähnliches Verhalten früh genug zu erkennen, gibt es einige Symptome, auf die man achten sollte:

• Aggressives Verhalten und Entzugserscheinungen, wenn das Handy zu Hause vergessen wurde oder der Akku leer ist
• Vor Andern verheimlichte Nutzung, beispielsweise in der Arbeit oder vor dem Partner
• Kontrollverlust über den eigenen Konsum
• Vernachlässigung von Beziehung, Freundschaften und Hobbys
• Konzentrationsschwäche durch bloße Anwesenheit des Smartphones
• Erfolglose Versuche sich selbst bei der Nutzung einzuschränken

Digital Detox ist eine bewusste Gegenbewegung zum exzessiven Nutzungsverhalten von digitalen Medien aller Art und ein absoluter Trend in Sachen Stressreduktion. Der Begriff „Detox“ kommt dabei vom englischen Wort „Detoxification“, was übersetzt so viel wie „Entgiftung“ bedeutet. Auch viele Stars und Influencer nehmen sich immer öfter Auszeiten von der digitalen Welt, wobei die Gründe dafür äußerst unterschiedlich sein können.

Die Dauer der Auszeit ist dabei ähnlich variabel wie der Umfang. Ob man nun seine eigene Online-Zeit nachhaltig verringert, bewusst für eine bestimmte Zeit komplett offline geht oder sich von gewissen Diensten dauerhaft verabschiedet - Digital Detox sorgt in jedem Fall für Erholung, Stressreduktion und den Gewinn von kostbarer Freizeit.

• Zeitgewinn
  Digitale Medien kosten Zeit. Wenn man den bereits erwähnten Statistiken glauben schenkt, verbringen wir im Schnitt 3,5 Stunden am Tag vor dem Smartphone. Wenn wir diese Zeit relativieren und von einer Nutzung von „nur“ 2 Stunden am Tag ausgehen, sind das 730 Stunden im Jahr. Das sind umgerechnet 30 Tage, also circa ein Monat, den wir nur mit der Nutzung des Smartphones verbringen. Wie viel von dieser Zeit war wirklich notwendig? Welche dieser Tätigkeiten haben mir wirklich einen Mehrwert verschafft? Wer sich selbst diese Fragen stellt, wird so manch verbrachte Stunde wohl in Frage stellen.
   
• Gesundheit
  Die regelmäßige und intensive Nutzung von digitalen Medien wirkt sich auch auf die Gesundheit aus. Ermüdete, gerötete und brennende Augen sind beispielsweise keine Seltenheit. Auch die Körperhaltung kann darunter leiden, weshalb Ärztinnen und Ärzte vermehrt vor dem „Smartphone-Nacken“ warnen. Eine Überbelastung der Finger und Hände kann außerdem für Schmerzen und Entzündungen sorgen.
   
• Besserer Schlaf
  Der Körper braucht Schlaf um ausreichend zu regenerieren. Beim Schlaf selbst geht es jedoch nicht nur um die bloße Dauer, sondern im speziellen auch um die Schlafqualität. Gerade vor dem Einschlafen sollte man von der Nutzung von digitalen Medien absehen, um Körper und Geist bewusst zur Ruhe kommen zu lassen. Viele Smartphones bieten mittlerweile auch einen Blaufilter (oftmals auch „Nachtmodus“ genannt), den man so einstellen kann, dass er sich ab einer gewissen Uhrzeit automatisch aktiviert. Dabei wird das blaue Licht gefiltert, das unter anderem die Produktion des Schlafhormons Melatonin hemmt. Das Smartphone erscheint in wärmeren, gelblicheren Tönen und das Einschlafen soll erleichtert werden.
   
• Steigerung der Konzentrationsfähigkeit
  Studien besagen, dass alleine die Anwesenheit unseres Smartphones im gleichen Raum unsere Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt, werden wir doch regelmäßig daran erinnert, unsere Apps zu nutzen. Auch das Multitasking, also andere Dinge zu tun, während man das Smartphone nutzt, lässt sich in der Praxis kaum effektiv umsetzen. Daher gilt:  Sowohl im beruflichen Alltag, als auch im Privatleben helfen uns bewusste Offline-Zeiten, um uns nicht nur genauer auf Dinge konzentrieren zu können, sondern um Dinge schneller und mit besserem Ergebnis zu erledigen.
   
• Stressabbau
  Der Mensch ist darauf gepolt auf Dinge zu reagieren, die eine Gefahr darstellen könnten. Für unsere Vorfahren könnte eine plötzliche Bewegung oder ein rascheln im Gebüsch schließlich eine lebensbedrohliche Gefahr bedeutet haben. Unsere Gene aktivieren also unsere Alarmglocken, wenn sich etwas bewegt oder Geräusche macht. Beim Smartphone ist das ähnlich.
  Eine Benachrichtigung hier, ein Werbebanner da, Videos, Bilder, Nachrichtentöne – das Smartphone sorgt für regelmäßig für Reize, was erhöhten Stress und einen Erschöpfungszustand zur Folge haben kann. Eine bewusste digitale Auszeit, reduziert den Stresspegel nachweislich und sorgt für ein besseres Wohlbefinden.
   
• Wertschätzung gegenüber Mitmenschen
  Wir alle kennen sie. Den einen Freund, der während einem gemeinsamen Abendessen ständig das Handy in der Hand hat oder die Freundin die beim gemütlichen Kaffee, der natürlich für Dokumentationszwecke bildlich festgehalten und gepostet werden muss, in ihrem Instagram-Feed versinkt. Dabei ist eines der kostbarsten Güter des Menschen die Zeit. Sie mit unseren Mitmenschen zu verbringen, aktiv zuzuhören und sich auf unsere Gesprächspartner fokussieren, ohne sich vom Handy ablenken zu lassen, ist ein Zeichen der Wertschätzung. Tipp: Machen Sie doch ein Spiel daraus! Beim gemeinsamen Abendessen werden alle Handys in die Mitte gelegt. Die Person, die das Smartphone als erstes wieder in die Hand nimmt, spendiert im Anschluss eine Runde Eis.
   
• Dinge bewusster erleben
  Ein romantischer Sonnenuntergang, ein niedlicher Hundewelpe oder ein atemberaubender Ausblick – und schon wird das Smartphone für ein paar Fotos gezückt. Auch bei Konzerten sieht man häufig die Hälfte der Besucher*innen permanent mit ihren Handys in der Hand. Dabei konzentrieren wir uns oftmals so sehr auf den Bildschirm, dass wir die Momente selbst nicht bewusst erleben. Das sorgt unter anderem auch dafür, dass sich erlebte Momente nicht so gut einprägen und wir uns so an schöne Erlebnisse deutlich schlechter erinnern können. Also einfach mal beim nächsten Konzertbesuch das Handy in der Hosentasche lassen, Momente auf sich wirken lassen und genießen.

Nun haben wir bereits einige Gründe gehört, warum eine digitale Auszeit für das eigene Leben sinnvoll sein kann. Der Mensch ist aber ein Gewohnheitstier. Wie gelingt also Digital Detox? Dafür haben wir einige Tipps.  

• Analog statt Digital
  Das Smartphone hat seit der Erfindung viele Dienste übernommen. Beispielsweise nutzen wir es als Wecker oder Taschenrechner, aktivieren noch schnell den Timer für das perfekte Frühstücks-Ei oder tragen Termine in unseren digitalen Kalender ein. Ein Umstieg auf die analogen Vorreiter sorgt für eine Reduktion der Bildschirmzeit und verhindert, dass wir bei der Nutzung abdriften und anderen Apps einen Besuch abstatten.
   
• Push-Benachrichtigungen deaktivieren
  Push-Benachrichtigungen sind an und für sich praktisch. Bei wichtigen Mitteilungen erklingt ein Nachrichtenton und eine Benachrichtigung teilt mir eine dringende Neuigkeit mit. Doch wie viele dieser Benachrichtigungen sind mittlerweile wirklich wichtig und dringend? Daher kann man einfach mal Nachrichtentöne diverser Messanger-Dienste deaktivieren und Push-Benachrichtigungen deaktivieren. Auch kann man sich durchaus fragen, ob man für gewisse Dienste wirklich eine eigene App braucht oder doch lieber den Browser nutzt. Auch das reduziert die Anzahl an Benachrichtigungen!
   
• Selbstkontrolle
  Der erste Schritt der Selbstkontrolle ist, das Smartphone bewusster in die Hand zu nehmen und auf die Uhr zu schauen, um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, wie lange man das Smartphone wirklich für welche Dienste nutzt. Hierfür gibt es auch zahlreiche Apps, die einem anzeigen wie viele Minuten (oder auch Stunden) man eine gewisse App genutzt hat und wie viel Zeit man in der letzten Woche mit dem Bildschirm verbracht hat. Tipp: Mach doch eine kleine Challenge daraus und versuche deine Bildschirmzeit Woche für Woche zu unterbieten!
   
• Fixe Zeiten oder Räume
  Eine gute Möglichkeit um Digital Detox erfolgreich zu schaffen, sind einfache und klare Regeln. Fixe Zeiten in denen das Smartphone nicht genutzt wird oder gewisse Räume wie das Schlafzimmer, die ab sofort für das Smartphone tabu sind, helfen enorm. Gerade unter der Woche, sind Tagesabläufe und Zu-Bett-Geh-Zeiten meist geregelter und einfacher in den Alltag zu integrieren. Beispielsweise könnte man das Smartphone ab 20 Uhr abgedreht auf den Küchentisch legen und erst morgens nach einer gemütlichen Morgenroutine wieder aufdrehen.
   
• Trennung von Privat- und Firmenhandys
  Seit Beginn der Pandemie nahmen Firmenhandys zu, da viele Arbeitnehmer/-innen häufiger von zu Hause arbeiteten. Nicht selten erlauben Firmen auch die Nutzung zu privaten Zwecken oder bieten Firmenhandys mit Dual-Sim an, das bedeutet also private und berufliche Sim-Karte im selben Gerät. Das mag zwar praktisch erscheinen, in vielerlei Hinsicht ist eine Trennung des Privatlebens mit dem Unternehmen jedoch eine Wohltat. Zum einen lenken während der Arbeit private Apps ab, auf der anderen Seite können berufliche Benachrichtigungen, WhatsApp-Nachrichten oder auch E-Mails dafür sorgen, dass man in der Freizeit schlechter abschalten und Stress abbauen kann.
   
• Flugmodus
  Speziell auf Reisen möchte man sein Handy immer bei sich haben. Schließlich haben viele Geräte heutzutage bereits tolle Kameras und helfen dabei, durch fremde Gassen zu navigieren. Wer im Urlaub aus diesen Gründen nicht auf sein Handy verzichten möchte, kann den Flugmodus aktivieren. Dabei werden alle Verbindungen deaktiviert, das Smartphone bleibt jedoch mit gewissen Funktionen weiterhin nutzbar und ist so auch für Notfälle in Reichweite.

Zusammengefasst kann man sagen, dass ein bewussterer Umgang mit dem Smartphone die Lebensqualität massiv erhöhen kann. Das eigene Wohlbefinden, die Mitmenschen und die eigene Gesundheit werden es einem danken, wenn man das eigene Nutzungsverhalten beobachtet und hinterfragt, was einem wirklich wichtig ist.