Mag. Andrea Descovich ist seit 30 Jahren im Hilfswerk Steiermark. Mindestens genau so lange spricht sie sich gegen Vorurteile gegenüber psychischen Erkrankungen aus.
Seit 30 Jahren arbeite ich im psychosozialen Bereich. Seit 30 Jahren beschäftige ich mich gemeinsam mit meinen Kolleg:innen mit den Fragestellungen: Sind psychische Erkrankungen nach wie vor mit einem Stigmata, also einem negativen Vorurteil, belegt? Sind psychische Erkrankungen körperlichen Erkrankungen gleichgestellt? Werden Menschen mit psychischen Erkrankungen anders behandelt?
Zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit in diesem Bereich, war dies definitiv so. Betroffene Menschen versteckten sich mit ihrer Erkrankung. Sie trauten sich nicht zum Arzt, sie hatten Hemmungen, den Weg in eine Beratungsstelle zu suchen – man könnte ja gesehen werden. Leider wurden damals tatsächlich viele Menschen, die im Wertesystem keinen Platz fanden, stigmatisiert. Zahlreiche Unwahrheiten über psychische Erkrankungen waren im Umlauf. Auch mir selbst begegneten viele mit einem Unverständnis, wenn ich über meinen Beruf sprach.
In den letzten 30 Jahren haben sich nicht nur die Vorurteile gegenüber psychischen Krankheiten verändert, sondern auch die Diagnosen, vor allem seit sich der Begriff „Burnout“ durchgesetzt hat. Fast jeder von uns kennt Burnout, fast jeder weiß, was es bedeutet. Der Begriff ist eine Diagnose unserer leistungsorientierten Gesellschaft, er wurde zum Inbegriff von hoch motivierten Menschen – sogenannten „Arbeitstieren“ – die für ihre Arbeit und ihre Aufgaben brennen und dadurch ausbrennen. Burnout wird in unserer Gesellschaft akzeptiert – vielleicht auch gerade, weil es mit einer gewissen Arbeitsleistung in Verbindung gebracht wird.
Für mich stellt sich die Frage, wie es sich mit anderen Diagnosen, wie Depression, Schizophrenie, Persönlichkeitsstörungen verhält. Kennen wir auch hier Hintergründe und genaue Definitionen? Wissen wir, warum man von diesen Erkrankungsformen betroffen ist? Ich traue mich zu behaupten, dass wir das nicht, beziehungsweise nur zu einem kleinen Teil, tun. Viele Erkrankungsformen sind nach wie vor mit Vorurteilen belegt und und deren Stigmatisierung manifestiert sich in unterschiedlichsten Ausprägungsformen.
Formen der Stigmatisierung von Personen mit psychischer Erkrankung
Schubladen sollten immer wieder entrümpelt und geleert werden.
Was kann man selbst, beziehungsweise was kann die Gesellschaft tun, um Vorurteile gegenüber psychischen Erkrankungen abzubauen?
Als Mitmenschen sollten wir einmal unser „Werte-Schubladendenken“ in Frage stellen. Schubladen sollten immer wieder entrümpelt und geleert werden. Überdenken Sie Ihr eigenes Wertemuster
und Ihr Wissen, holen Sie sich Informationen und vor allem, sprechen sie mit Betroffenen. Bei einer körperlichen Erkrankung eines Bekannten fragt man ja auch: Wie geht es Dir? Was hast Du genau? Warum hast Du das? Wie kann ich Dir helfen? Auch bei Personen mit psychischen Erkrankungen sollte man dies tun.
Betroffene sollten sich nicht weiter selbst diskriminieren. Wenn Sie ein psychisches Unwohlsein empfinden, holen Sie sich so rasch wie möglich ärztlichen Rat oder wenden Sie sich an eine psychosoziale Beratungseinrichtung. Bei starken Zahnschmerzen würden Sie doch auch sofort einen Zahnarzt aufsuchen. Je schneller sich Betroffene mitteilen, desto schneller können gezielte Behandlungen geboten werden. Sprechen Sie über Ihre Erkrankung. Erklären Sie Freunden und Bekannten, was gerade bei Ihnen passiert.
Wir als psychosoziale Dienste bemühen uns auch in Zukunft über psychische Erkrankungen zu informieren und Angehörige gut zu beraten, aber vor allem: Betroffenen rasch Unterstützung zu
bieten. Psychische Erkrankungen betreffen alle Altersgruppen. Also lassen Sie uns darüber reden!
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